Die Geschichte der Schatzkiste

Weihnachten 2012 suchte  ich für meine beiden Nichten ein passendes Geschenk. Es sollte etwas Persönliches sein, etwas, was man nicht im Laden kaufen kann.

Eines Nachts träumte ich von einem Engel, der einem Kind ein Glöckchen überreicht. Es war ein besonderes Glöckchen und plötzlich war die Geschichte in meinem Kopf. Beseelt von der Idee und dem Wunsch, lieben Menschen mit „Mareikes Schatzkiste“ etwas mit auf den Weg zu geben, was sie stärken kann, konnte ich gar nicht mehr aufhören zu schreiben, bis sie tatsächlich fertig war.

Die erste Version der „Schatzkiste“ verschenke ich in kopierter Form und  mit einem Glöckchen für die Hostenasche an meine Nichten, meine Familie und andere liebe Menschen.
Erst später, als bereits das Buch in gedruckter Form vorlag und das Leben mich gerade so richtig schön durchrüttelte, offenbarte sich mir ein weitere Schatz, der darin verborgen lag.

Es war mir lange nicht bewusst. Namen für meine Geschichten kommen mir spontan in den Sinn, wenn ich mir die Figuren vorstelle. Plötzlich wurde  mir jedoch klar, dass sich Mareike aus den Namen Marion und Heike zusammensetzen lässt. Marion ist meine Schwester und sie ist im Jahr 2000 an den Folgen ihrer schweren Behinderung gestorben.

Sie war Zeit ihres Lebens bettlägerig, konnte sich also nicht selbständig fortbewegen.  Marion musste gefüttert und später über Magensonde ernährt werden und sie hat nie sprechen gelernt.
Was habe ich mir als Kind oft eine gesunde ältere Schwester gewünscht, die mich stärken und unterstützen könnte, wenn ich das brauchte. Es hat ein paar Jahre gedauert, bis ich Marions Gaben und Unterstützung erkennen konnte.

Ein paar von Marions Geschenken:
Meine Schwester war stets im Hier und Jetzt. Wenn sie sich wohl fühlte, tat sie das geräuschvoll kund, genauso, wenn sie sich nicht wohl fühlte. Und wenn jemand zu ihr ans Bett kam und sich mit ihr unterhielt, dann strahlte sie über das ganze Gesicht und war vollkommen mit ihrer Aufmerksamkeit da.

Sie war immer in Kontakt mit ihrem Herzenund vollkommen authentisch. Sie spürte sofort, ob Menschen echt waren oder nicht. Als eine Schulfreundin von mir zum ersten Mal mit zu mir nach Hause kam, war diese sehr unsicher, wie sie Marion begegnen sollte. Sie ging dann ganz verhalten zu ihr hinüber und in diesem Moment lächelte Marion sie freudig an. Da schmolz das Eis augenblicklich.
Es gab aber auch Personen, wenn die unser Haus betraten – ich nenne sie einmal die Scheinbar-tolle-Typen, dann gab Marion Laute von sich, die eindeutig ihr Missfallen ausdrückten.

Als es mir gesundheitlich nicht gut ging, haderte ich sehr mit meinem Schicksal. Ich war es gewohnt, mein Leben selbst zu organisieren und alles im Griff zu haben. Durch die Krankheit ging das lange Zeit aber nicht. Ich brauchte an vielen Stellen Unterstützung und hatte deshalb ein permanent schlechtes Gewissen. Außerdem hatte ich mir vorher ein Bild von mir selbst zurechtgezimmert, in der Schwäche und Abhängigkeit nicht vorkamen. Und genau damit konfrontierte mich jetzt das Leben.
Bei einer Schreibmeditation kam mir dann auch wieder Marion in den Sinn. Sie war ihr Leben lang auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Habe ich sie deshalb mehr oder weniger lieb gehabt? Nein. Also warum nehme ich mich nicht einfach selbst so an, wie ich gerade bin?

Immer noch entdecke ich die Geschenke meiner Schwester und die Schätze meines Lebens. Nicht immer bin ich damit einverstanden, was die Realität mir bietet und zeigt. Manchmal setze ich mich dann hin und bitte Marion um Unterstützung z.B. indem ich ihr einen Brief schreibe und ihre Antwort durch mich hindurch zu Papier fließen lasse.

Marion ist an meiner Seite. Sie unterstützt mich auf ihre Weise: Still, sanft und aus ganzem Herzen.

So ist dieser Blog und sind die Schatzkistenbücher vom Herzen her ein Gemeinschaftswerk von Marion und mir. Ich habe die Möglichkeiten, die Geschenke in die Welt zu tragen, um auch andere Menschen zu ermutigen, die Schätze ihres Lebens zu suchen und wahrzunehmen. Ich bin so dankbar dafür, die Verbundenheit mit meiner Schwester auf diese Weise noch mehr zu vertiefen. Jeder Mensch ist wertvoll, selbst wenn er stark beeinträchtigt oder behindert ist.

JEDE und JEDER ist genau richtig so, wie sie/er ist.

JEDE und JEDER ist ein Geschenk für die Welt!

Ich bin schon gespannt darauf, welche Ideen Marion und ich noch für weitere Bücher haben werden.

Heike Klinkhammer

 

Wer neugierig auf Mareike und ihre Geschichte geworden ist, der kann das Hörbuch  „Mareikes Schatzkiste – Die Kunst des zauberhaften Fragens“ für 8,-€ inkl. Versand bei mir erhalten:

info@heikeklinkhammer.de